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Lesen und Schreiben: In Deutschland gibt es laut Studie 7,5 Millionen "funktionale Analphabeten" - Politik plant "Grundbildungspakt"
(nf/red/01.03.11) Bislang galt Analphabetismus in Deutschland eher als "Nischenproblem". Jetzt zeigt eine Studie der Universität Hamburg: Die Zahl der Menschen, die nicht richtig lesen und schreiben können, ist weitaus größer als angenommen. Rund 7,5 Millionen Erwachsene gehören demnach zur Gruppe der "funktionalen Analphabeten", denen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben aufgrund mangelnder Lese- und Schreibkenntnisse nur eingeschränkt möglich ist. Experten fordern rasches Handeln, die Politik will einen "Grundbildungspakt" auf den Weg bringen.

Audio zum Thema (Autor: Matthias Widder)

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Originaltext des Bundesministeriums für Bildung und Forschung:

+++ Bund und Länder wollen mit einem Grundbildungspakt gemeinsam gegen fehlende und mangelnde Schreib- und Lesekenntnisse vorgehen. Das verkündeten Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung, und Bernd Althusmann, Präsident der Kultusministerkonferenz, (...) bei der Vorstellung der Studie "Leo. Level one" über Analphabetismus in Deutschland gemeinsam vor Pressevertretern in Berlin. Der Pakt soll ein breites gesellschaftliches Bündnis werden, in das beispielsweise Unternehmensverbände, Gewerkschaften, Kammern und Volkshochschulverbände einbezogen werden, ähnlich dem bereits bestehenden "Ausbildungspakt", der im letzten Jahr gegen den Lehrstellenmangel für weitere vier Jahre verlängert wurde. "Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung", betonten Schavan und Althusmann. Denn, so Schavan: "Die neue Studie zeigt: Es gibt Analphabetismus in Deutschland in einer Größenordnung, die nicht mehr eine Nische darstellt. Diesem Problem müssen wir uns gemeinsam stellen. Denn sprachliche Bildung als eine der wichtigsten Kulturtechniken dürfen wir nicht geringschätzen."

Die von Anke Grotlüschen, Professorin für Erwachsenenbildung an der Universität Hamburg durchgeführte Studie "Leo.Level one" kommt zu dem Ergebnis, dass mehr als vierzehn Prozent der Erwerbsfähigen, also etwa 7,5 Millionen Erwachsene, in Deutschland funktionale Analphabeten sind: Sie können zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben, nicht jedoch zusammenhängende - auch kürzere - Texte. Von Analphabetismus im engeren Sinne betroffen sind etwa vier Prozent der Bevölkerung - sie können lediglich einzelne Wörter lesend verstehen bzw. schreiben. An der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten repräsentativen Studie "Level One" (LeO), an der auch die Humboldt-Universität Berlin und TNS-Infratest Sozialforschung beteiligt waren, nahmen über 8.000 Personen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren teil. Sie wurde 2010 als Zusatzstudie zum Adult Education Survey (AES) durchgeführt.

(...)

"Analphabetismus ist ein von der Gesellschaft noch zu wenig beachteter Bereich", betonte KMK-Präsident Althusmann. "Als Präsident der KMK werde ich mich dafür einsetzen, dass der Befund der Studie - 7,5 Millionen funktionale Analphabeten - sehr ernst genommen wird. Die Lese- und Schreibkompetenz gilt es weiter auszubauen."

"Die Hamburger Studie mit ihren empirischen Befunden zu über 7,5 Millionen Menschen mit äußerst unzureichender Lese- und Schreibkompetenz erfordert schnelles Handeln", hob Rita Süssmuth hervor, die als Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbands ebenfalls an der Vorstellung der Studie teilnahm. (...)

Die Autorin der Studie hob vor allem die wissenschaftliche Bedeutung hervor: Zum ersten Mal lägen belastbare Zahlen über den Analphabetismus in Deutschland vor. "Deutschland bedarf seit langem einer verbesserten Forschungsdatenlage über das unterste Kompetenzniveau des Lesens und Schreibens", so Grotlüschen. (...)

In Frankreich identifizierte die Studie "IVQ 2004-2005" neun Prozent der erwachsenen Bevölkerung als funktionale Analphabeten. Allerdings wurden ausschließlich diejenigen befragt, die in Frankreich die Schule besucht haben. Großbritannien kommt in der "Skills for Life" - Studie 2003 auf einen Anteil von insgesamt 16 Prozent funktionaler Analphabeten am erwerbsfähigen Teil der Bevölkerung. (...)  +++

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