wirtschaft

Arbeitsmarkt: Jeder vierte Beschäftigte ist ein Niedriglöhner - Forscher plädieren für gesetzliche Gehaltsuntergrenze
(nf(red/14.03.12) Der Niedriglohnsektor hat in Deutschland enorme Ausmaße angenommen. Das belegen neue Berechnungen des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen. Laut der Studie verdiente im Jahr 2010 nahezu jeder vierte abhängig Beschäftigte weniger als 9,15 Euro pro Stunde. Dabei kamen Millionen Arbeitnehmer nicht über einen Stundenlohn von 6 Euro hinaus. Die Zahl der Niedriglöhner hat vor allem im Westen der Republik rasant zugenommen. Hier verzeichnen die IAQ-Experten einen Anstieg um mehr als zwei Drittel im Zeitraum zwischen 1995 und 2010. Die Forscher weisen darauf hin, dass extrem geringe Gehälter häufig nicht zur Existenzsicherung reichen. Vor diesem Hintergrund plädieren sie für die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns.

Originaltext des IAQ:

+++ Jeder fünfte Beschäftigte in Deutschland würde mehr Geld verdienen, wenn es einen Mindestlohn von 8,50 Euro gäbe. Das zeigen aktuelle Auswertungen des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE). Gut ein Viertel der Frauen und knapp 15 Prozent der Männer würden demnach von einer solchen Gehaltsgrenze profitieren. Momentan bekommen in Westdeutschland rund 17 Prozent weniger als diesen Stundenlohn, in Ostdeutschland ist es sogar jeder Dritte.

Ermittelt wurden die Ergebnisse auf der Basis von Daten des sozio-ökonomischen Panels, einer repräsentativen Befragung von mehr als 12.000 Privathaushalten in Deutschland. Dabei zeigt sich, dass fast jeder vierte abhängig Beschäftigte im Jahr 2010 für weniger als 9,15 Euro pro Stunde arbeitete. Im Durchschnitt verdiente ein Niedriglöhner 6,68 Euro pro Stunde in West- und 6,52 Euro in Ostdeutschland. Bezieht man Schüler, Studierende und Rentner ein, sind fast 8 Millionen Beschäftigte in Deutschland von Niedriglöhnen betroffen, errechneten die IAQ-Forscher Thorsten Kalina und Dr. Claudia Weinkopf. Dass die Zahl der Niedriglohnbeschäftigten seit 1995 um 2,33 Millionen zugenommen hat, geht dabei fast ausschließlich auf die Entwicklung im Westen zurück: Hier stieg die Zahl der Niedriglohnbeschäftigten zwischen 1995 und 2010 um 68 Prozent, in Ostdeutschland nur um drei Prozent.

Gut 2,5 Millionen Beschäftigte in Deutschland hatten 2010 einen Stundenlohn von weniger als 6 Euro, 1,4 Millionen sogar weniger als 5 Euro. Vor allem Ostdeutsche, Frauen und Beschäftigte in Minijobs waren von derart geringen Gehältern betroffen. Aber auch 789.000 Vollzeitbeschäftigte verdienten im gleichen Jahr nach IAQ-Berechnungen weniger als 6 Euro pro Stunde und kamen damit auf einen Monatslohn, der mehr oder weniger deutlich unter 1.000 Euro lag. „Solche niedrigen Stundenlöhne sind auch häufig die Ursache dafür, dass das Erwerbseinkommen nicht zur Existenzsicherung reicht und aufstockende Leistungen des Staates in Anspruch genommen werden müssen“, kritisiert Dr. Claudia Weinkopf, Vize-Chefin des IAQ.

Dies unterstreiche nochmals deutlich, dass ein gesetzlicher Mindestlohn auch in Deutschland dringend erforderlich sei, um Niedrigstlöhne wirksam zu unterbinden, so die Arbeitsmarktexperten. Allerdings müsste eine solche Untergrenze für alle Branchen und Beschäftigtengruppen gelten und nicht nur für die wenigen Bereiche, in denen es keinerlei tarifliche Regelungen gibt.

(...) +++

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