gesellschaft

Integration: "Deutschlands Ruf als attraktives Einwanderungsland weiter festigen" - Neue Studie zur Zuwanderung
(nf/red/03.06.14) Deutschland braucht Zuwanderer - diese Erkenntnis ist unter Experten unumstritten. Immer wieder verweisen sie auf niedrige Geburtenraten, die fortschreitende Überalterung der Gesellschaft oder auch den heraufziehenden Fachkräftemangel, der die Wirtschaftskraft der Bundesrepublik zu lähmen droht. Eine neue Studie zum Thema Zuwanderung und Integration zieht nun eine vorsichtig positive Zwischenbilanz. Deutschland sei auf dem Weg zu einem modernen Einwanderungsland. Laut der Untersuchung sind es derzeit vor allem Hochqualifizierte, die in die Bundesrepublik kommen. Um sie auf Dauer zu halten, dürften Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt werden, mahnen die Autoren der Studie und fordern eine "gezielte und einheitliche Integrationspolitik", bei der Bildung eine Schlüsselrolle spielen soll.

Originaltexte des Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung:

+++ Unter dem Titel „Neue Potenziale“ hat das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung eine Studie zur Lage der Integration veröffentlicht. Darin begrüßen die Autoren die aktuell starke Zuwanderung Hochqualifizierter aus dem Ausland und warnen gleichzeitig vor den Folgen verpasster Integration.

Deutschland öffnet sich immer mehr für Menschen aus anderen Ländern und entwickelt sich langsam aber sicher zu einem modernen Einwanderungsland. Mit überaus positiven Folgen. Wer sich heutzutage zur Arbeitssuche nach Deutschland begibt, ist im Durchschnitt besser qualifiziert als der Schnitt der einheimischen Bevölkerung. Insbesondere Migranten aus den krisengebeutelten südeuropäischen Staaten und aus den neuen osteuropäischen Mitgliedsländern füllen damit die wachsenden Lücken auf dem Fachkräftemarkt und tragen wesentlich zur stabilen Wirtschaftslage in Deutschland bei. „Doch die momentane starke Zuwanderung wird kaum auf Dauer anhalten“, warnt Institutsdirektor Reiner Klingholz. Viele der Neuzugewanderten seien nicht nur hoch qualifiziert, sondern auch hoch mobil. Sobald sich die Wirtschaftslage in ihren Heimatregionen wieder verbessert, könnten sie auch wieder weg sein. „Wir brauchen eine gezielte und einheitliche Integrationspolitik, um Deutschlands Ruf als attraktives Einwanderungsland weiter zu festigen“, fordert Klingholz.

Zudem müsse sich Deutschland mehr um Fachkräfte aus dem außereuropäischen Ausland bemühen. Die „Blaue-Karte“ der EU, die hoch qualifizierten Einwanderungswilligen aus sogenannten Drittstaaten die Migration erleichtern soll, sowie das neue Anerkennungsgesetz für ausländische Bildungsabschlüsse seien zwar Schritte in die richtige Richtung. Doch ihre Umsetzung erfolge zu langsam und die Hürden seien noch immer recht hoch.„Nötig sind Anwerbeplattformen in den Herkunftsländern der Migranten“, so Klingholz.

Das Berlin-Institut warnt zudem davor, die „Altlasten verpasster Integrationspolitik“aus den Augen zu verlieren. Migranten aus der Zeit der Gastarbeiteranwerbeabkommenseienlange Zeit sich selbst überlassen worden. Die Folgen, so die Autoren, spüren deren in Deutschland geborenen Kinder und Kindeskinder noch heute. Das zeige sich vor allem beim Bildungsniveau:Laut Studie hinken sie ihren einheimischen Altersgenossen noch immer hinterher–und das, obwohl ihnen zumindest formal alle Chancen des hiesigen Bildungssystems offen standen.

Gerade Bildung sei aber ein Schlüssel zur erfolgreichen Teilhabe in der Gesellschaft. Die Experten des Berlin-Instituts fordern daher, frühkindliche Bildung stärker zu fördern, Lehrkräfte und Erzieher besser im Umgang mit Kindern unterschiedlicher Herkunft zu schulen und Kindergärtensowie Schulen gezielt zu Familienbildungsstätten auszubauen.

(...)

Trotz großer Fortschritte hapert es bei der Integration von Migranten in Deutschland. Je nach Herkunftsregion der Zuwanderer fallen die Probleme unterschiedlich aus. So lautet eines der Ergebnisse der Studie „Neue Potenziale“ des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung.

Die Zuwanderungszahlen liegen in Deutschlandauf Rekordniveau. Mit unterm Strich fast 440.000 Neuzugängen im Jahr 2013 landet die Bundesrepublik im OECD-Vergleich auf Platz zwei der größten Einwanderungsländer. Doch dies kann erst dann als Erfolg verbucht werden, wenn die Integration der Zuwanderer in die deutsche Gesellschaft gelingt. Wie es um die Integration der Migranten in Deutschland steht, hat das Berlin-Institut in einer neuen Studie untersucht und dazu zum zweiten Mal seit 2009 einen Index zur Integration (IMI) angewandt.

Dieser zeigt: Insgesamt hat sich die Lage von Migranten verbessert. „Doch das liegt vor allem an der verbesserten Arbeitsmarktsituation, von der alle Menschen in Deutschland profitieren”, erläutert Institutsdirektor Reiner Klingholz. „Zwischen Migranten und Einheimischen sowie zwischen verschiedenen Migrantengruppen finden sich aber weiterhin erhebliche Unterschiede.“

Die besten Indexwerte weisen Migranten aus jenen EU-Ländern auf, die nicht Quelle der Gastarbeiterzuwanderung waren – also etwa Frankreich, Schweden oder auch Polen. „Gemeinsam mit den Neuzuwanderern aus Süd- und Südosteuropa gehören sie zum Großteil zur europäischen Bildungselite und haben hierzulande gute Perspektiven“, erklärt Klingholz. Wie schon 2009 weist jedoch die Gruppe der türkeistämmigen Migranten die schwächsten Ergebnisse im IMI auf. Ein wesentlicher Grund hierfür sei die verpasste Chance, der zweiten und dritten Zuwanderergeneration Zugang zu Bildung zu eröffnen, so die Autoren. Wie auch Einheimischen aus bildungsfernen Haushalten falle es den Kindern und Kindeskindern der niedrig qualifizierten Gastarbeitergeneration schwer, höhere Bildungsabschlüsse und damit bessere Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu erlangen.

Ganz anders sehe es dagegen bei Migranten aus dem Fernen Osten aus: Laut Ergebnissen des Berlin-Instituts schaffen es die in Deutschland geborenen Kinder auch gering qualifizierter Migranten aus Asien besser als viele Zuwandererkinder aus anderen Migrantengruppen, höhere Abschlüsse als ihre Eltern zu erreichen.
 
Insgesamt hätten es Zuwanderer schwer, trotz guter Qualifikation eine adäquate Beschäftigung zu finden. „Es hapert nach wie vor an der Anerkennung von Abschlüssen beziehungsweise an Maßnahmen, hierzulande eine Nachqualifikation zu erreichen”, meint Klingholz.
 
Darüber hinaus müsse es gelingen, Zuwanderungsanreize für Hochqualifizierte aus Nicht-EU-Staaten zu schaffen. „Ansätze wie die Blaue Karte EU und das Anerkennungsgesetz für ausländische Berufsabschlüsse sind eine gute Grundlage, müssen aber noch besser umgesetzt werden”, so Klingholz. Nur so könne der Fachkräftemangel langfristig abgefedert werden.

(...)

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