gesellschaft

Fluchtwellen: Zahl der Vertriebenen hat sich weltweit "beispiellos erhöht" - UNHCR verlangt mehr internationale Solidarität und politische Lösungen für bestehende Konflikte
(nf/red/07.01.15) Von einer der "schlimmsten Perioden der vergangenen Jahrzehnte" sprach das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) vor Jahresfrist. An dieser Einschätzung hat sich bis heute nichts geändert. Im Gegenteil: Die Gesamtzahl der Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden oder vor bewaffneten Konflikten fliehen mussten, hat im vergangenen Jahr einen neuen Rekordstand erreicht. Und eine Trendwende ist nicht Sicht. Allein unter UNHCR-Obhut gab es bis Mitte 2014 weltweit mehr als 46 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene. Für den erneuten Anstieg ist unter anderem der Bürgerkrieg in Syrien verantwortlich. Erstmals stellen Syrer die größte Flüchtlingsgruppe. In einem eindringlichen Appell fordert die UN-Organisation die internationale Gemeinschaft auf, "politische Lösungen für bestehende Konflikte zu finden und den Ausbruch neuer Krisen zu verhindern. Eine Verstärkung der internationalen Solidarität sei ein "Muss", heißt es im Kommentar zum aktuellen Bericht des UNHCR.

Originaltext des UNHCR:

+++ Vor allem wegen der Kriege in großen Teilen des Nahen Ostens und Afrikas mussten in der ersten Jahreshälfte 2014 5,5 Millionen Menschen fliehen. Dies bedeutet einen weiteren Anstieg der Anzahl der Menschen auf der Flucht.

Laut dem neuen UNHCR-Halbjahresbericht "Mid-Year Trends 2014" sind 1,4 Millionen Menschen von den insgesamt 5,5 Millionen neu vertriebenen Personen über internationale Grenzen geflohen. Alle anderen mussten innerhalb ihres Heimatlandes fliehen.

Die Anzahl der Personen unter dem Mandat von UNHCR betrug Mitte des vergangenen Jahres 46,3 Millionen. Das ist ein neuer Rekordwert mit über 3,4 Millionen Betroffenen mehr als noch 2013. Mitgerechnet werden dabei auch Menschen, die bereits länger vertrieben sind, freiwillige Rückkehrer, Resettlement-Programme und Datenrevisionen.

Eines der Hauptergebnisse des Berichts ist, dass Syrer zum ersten Mal den größten Anteil der Flüchtlinge ausmachen, die unter das UNHCR-Mandat fallen. In den letzten 30 Jahren stellten immer Vertriebene aus Afghanistan die größte Gruppe dar. (Palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten stehen unter dem Mandat der Schwesterorganisation UNRWA.)  

Mit mehr als 3 Millionen Flüchtlingen im Juni 2014, machen Syrer nun 23 Prozent der Flüchtlingsbevölkerung unter dem Mandat von UNHCR aus.

Die größte, langjährig betroffene Flüchtlingsbevölkerung bleiben aber nach wie vor die 2,7 Millionen afghanischen Flüchtlinge. (UNHCR definiert eine langandauernde Flüchtlingssituation mit fünf oder mehr Jahren.)

Nach Syrien und Afghanistan sind Somalia (1,1 Millionen Flüchtlinge), der Sudan (670.000), der Südsudan (509.000), die Demokratische Republik Kongo (493.000), Myanmar (480.000) und der Irak (426.000) die Länder, aus denen die meisten Menschen fliehen.

Libanon und Jordanien nehmen im Verhältnis die meisten Flüchtlinge auf

Pakistan, das 1,6 Millionen afghanische Flüchtlinge beherbergt, ist in absoluten Zahlen das größte Aufnahmeland. Andere große Aufnahmeländer sind der Libanon (1,1 Millionen Flüchtlinge), der Iran (982.000), die Türkei (824.000), Jordanien (737.000), Äthiopien (588.000), Kenia (537.000) und der Tschad mit 455.000 Flüchtlingen.

Im Verhältnis der Flüchtlingszahl zur Bevölkerung wird ersichtlich, dass der Libanon und Jordanien die meisten Menschen aufgenommen haben. In Relation zur Wirtschaftskraft des jeweiligen Landes tragen Äthiopien und Pakistan die größte Last.

Die Zahl aller Flüchtlinge unter UNHCR-Mandat hat Mitte letzten Jahres 13 Millionen erreicht. Das ist die höchste Zahl seit 1996. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Binnenvertriebenen, die UNHCR schützt und unterstützt, auf ein Hoch von 26 Millionen Menschen gestiegen. Die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen liegt dabei aber noch höher, da UNHCR nur Binnenvertriebene in jenen Ländern unterstützen kann, die Hilfe von UNHCR anfordern.

"2014 hat sich die Zahl der Menschen unter unserer Obhut beispiellos erhöht. Solange die internationale Gemeinschaft aber versagt, politische Lösungen für bestehende Konflikte zu finden und den Ausbruch neuer Krisen zu verhindern, werden wir weiterhin mit den dramatischen humanitären Konsequenzen konfrontiert sein", so UN-Flüchtlingshochkommissar António Guterres.

"Die ökonomischen, sozialen und menschlichen Kosten für die Unterstützung der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen wird hauptsächlich von armen Regionen und Gemeinden getragen, die es sich am wenigsten leisten können. Eine Verstärkung der internationalen Solidarität ist ein ‚Muss’, wenn wir vermeiden wollen, dass mehr und mehr besonders schutzbedürftige Menschen ohne angemessene Unterstützung übrig bleiben."

Der Bericht zeigt zudem auf, dass sich die regionale Verteilung der Flüchtlingsbevölkerungen verändert hat. Während letztes Jahr noch Asien und der pazifische Raum die größten Aufnahmeregionen waren, so wurden sie nun aufgrund der Syrien-Krise vom Mittleren Osten und Nordafrika abgelöst.

UNHCRs Mid-Year Trends 2014-Report basiert auf Daten von Regierungen und dem weltweiten UNHCR-Netzwerk. Da im Berichtszeitraum bis Ende Juni nicht alle Daten vorliegen, kann durch den Bericht nicht die Gesamtzahl aller weltweit vertriebenen Personen erfasst werden. (Diese Zahl wird jährlich im Global Trends-Report im Juni veröffentlicht. 2013 waren weltweit 51,2 Millionen Menschen von Vertreibung betroffen.)

+++

Infolink zur Originalquelle

Hinweis der Redaktion: Für die Inhalte dokumentierter Originaltexte und extern verlinkter Seiten sind die jeweiligen Anbieter bzw. Autoren verantwortlich.
 
 

Datenschutzhinweis
NachrichtenFormat.de sammelt und verarbeitet keine personalisierten Nutzerdaten, kann aber nicht ausschließen, dass Webdienste, mit denen der Betrieb des Portals verbunden ist, dies tun, etwa über die Verwendung von Cookies. Durch die Nutzung von NachrichtenFormat.de stimmen Sie dem zu. Mehr
Recherche

Suchwort eingeben
und Thema auf
NachrichtenFormat.de
recherchieren: 


Hier geht's zur Suche!

Meistgesucht: Flüchtlinge /
Schuldenkrise / Arbeitsmarkt /
Konjunktur
/ Klimawandel

Themen
Konjunktur
Absturz 2020 weniger hart
Corona
Globale Bildungskrise 
Scholz und die SPD
Wille zur Macht
Forscher warnen
Kommt die "Heißzeit"?
Brexit
Zug nach Nirgendwo?

Buchtipps
Alternde Gesellschaft
Keine Panik?
Netzkultur
Neue Entpolitisierung
DDR
Opportunismus und
Selbstbehauptung
Generationen
Nach uns die Sintflut?
Digitalisierung
Datennehmer und Datengeber